Nur eine Woche ist seit dem ersten Tasting nach der Sommerpause vergangen und wir treffen uns am 28. August schon wieder zum Nachholtermin von „Neuerscheinungen aus Schottlands Whiskyregionen“. Besonders freuen wir uns, dass wir heute zusätzlich zu etlichen treuen Stammgästen auch wieder 7! neue Gäste in unseren Reihen in Bemerode begrüßen dürfen. Somit hatten wir wieder einmal „volle Hütte“.

Da unsere neuen Verkoster zum Teil heute ihr erstes Tasting bestreiten, haben wir den Abend etwas ausgedehnt und neben der Vorstellung der 6 leckeren Destillate und deren Destillerien ausnahmsweise auch noch einiges Wissenswertes über die Whiskyherstellung präsentiert. Woher soll man sonst auch wissen, wieso man plötzlich „Fruchtnoten“, „grüne oder gebackene Äpfel“, „Vanille“, „Kräuter“, oder sogar manchmal „nasser Hund“ (Insider) im Glas wahrnimmt, wo doch außer Gerstenmalz, Wasser und Hefe anscheinend keine weiteren Rohstoffe verwendet werden.

Um uns zwischen der Theorie und den leckeren Verkostungen der Whiskys zu stärken, kredenzte Ilja uns diesmal wieder passend zu Schottland Fish and Chips sowie zum Nachtisch ein Tartufo-Eis.

Im Lineup bewegen wir uns heute von den nördlichen Lowlands in die Speyside, weiter zur Insel Jura, zurück in die Highlands, nach Campbeltown und enden schließlich auf Islay:

Vol. % Bewertung
• Eden Mill 2018 limited Release 46,5
• The Glenlivet Captain's Reserve 40
• Jura Seven Wood 42
• Tomatin Cù Bòcan Creation #1 46
• Glen Scotia Vintage 2008/2019 46
• Bruichladdich The Laddie 8 yo 50
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Mit dem ersten Whisky im Glas, durften wir gleich das Highlight des heutigen Abends probieren. Der Tagessieger von Eden Mill kam mit deutlichem Abstand auf Platz 1. Auf Platz 2 folgten der Seven Wood von Jura sowie der Captain’s Reserve von Glenlivet.

Aber der Reihe nach…:

Eden Mill              2018 limited Release                46,5 Vol. %

Bei unserem heutigen Tagessieger handelt es sich um eine auf 3.200 Flaschen limitierte, in Oloroso-Sherry-Fässern, kleinen PX-Octave-Fässern sowie Bourbon Fässern gereifte Abfüllung.

In der Lowlands Destillerie Eden Mill in der Nähe der Golf-Hochburg St. Andrews ist seit 2012 das erste Mal seit 100 Jahren wieder eine Destillerie in der Region ansässig. Angefangen hat man als Bierbrauerei und erweiterte dann in Richtung Gin und Whisky. Die Distillery ist eher klein und hat ein Jahresproduktionsvolumen von nur 100.000 Litern, die in zwei Wash- sowie einer Spirit Still produziert werden. Zwischen der Gründung 1810 und der heutigen Nutzung als Destillerie und Brauerei liegen etliche Jahre, in denen die Gebäude mal eine Papierfabrik beheimateten, oder auch ein Biomassekraftwerk der Universität St. Andrews im Jahr 2008. Erst seit 2012 ist Eden Mill wieder eine Destillerie, übernommen von Paul Miller sowie 4 weiteren Finanzpartnern aus Glasgow. Das erste Destillat wurde Ende November 2014 abgefüllt, somit ist unser Whisky nicht älter als 4 Jahre.

In unserem Tagessiegerdestillat nehmen wir in der Nase Aromen von Malz und Haselnüssen sowie Zitrus- und Orangennoten mit Heidekraut-Nuancen wahr. Damit treffen unsere Taster die offiziellen Tastingnotes an einigen Stellen, die beschrieben werden als fein, mit strohähnlichem Charakter, sanfter Vanille und einer Süße von kandiertem Gerstenzucker, Spur von Haselnüssen sowie Sherry.

Im Geschmack wirkt er für uns ganz und gar nicht leicht, was an seinen 46,5 Vol. % liegen dürfte. Die Nüsse kommen nach wie vor durch und wir schmecken bittere Noten, die an Kakao erinnern. Für uns hat er auch eine Schärfe von weißem Pfeffer im Gepäck. Er ist aber insgesamt schön weich und süß und wirkt wunderbar wärmend. Es überrascht ein wenig, wie aussagekräftig gerade der erste Whisky des Abends ist.

Der als leicht, mit einer kandierten Süße, die von feinen Gewürzen und einer Spur von getrockneten Pflaumen & Rosinen begleitet wird, beschriebene Nachklang ist abgesehen von Pflaumen & Rosinen für uns nachvollziehbar.

The Glenlivet        Captain’s Reserve                    40 Vol. %

Der zweite Whisky des Abends aus der Speyside Destillerie The Glenlivet ist zugleich der drittplatziert verkostete Whisky. Der Sprung von den vorherigen 46,5 Vol. % auf nun milde 40 Vol. % hat vor allem unseren „Ersttastern“ geschmeckt. Es war aber definitiv eine gute Entscheidung, unseren Hauptgang vor diesen Whisky zu legen.

Die Destillerie steht bereits seit den Anfängen 1824 sowie der Schwarzbrennerzeit seit 1774 für sehr ungewöhnlich leichten Whisky mit grazilen Aromen, nicht so schwer & voluminös wie die Destillate der anderen Brennereien in dieser Region. Dies ist bis heute noch so geblieben und liegt an einer kurzen Fermentationsdauer, der Klarheit der Maische und der Destillation. Glenlivet verfügt über sehr große Pot Stills und arbeitet in der Reifung eher mit „zurückhaltenden Fässern“.

Mit einem Jahresproduktionsvolumen von 10,5 Mio. Litern, hergestellt in 7 Wash- sowie 7 Spirit Stills, vertreibt Glenlivet unter anderem den in den USA meistverkauften Single-Malt.

Unser heutiger Tastingkandidat, der Captain’s Reserve, reifte in First Fill Bourbon und Sherry-Fässern und bekam über 6 Monate ein Finish in einem Cognac Fass.

Nicht überraschend wirkt das Aroma auf uns weich und rund und insgesamt deutlich milder als sein Vorgänger. Wir beschreiben ihn als blumig mit einem Hauch Pfirsich und deutlicher Vanille. Zusätzlich meinen wir Tabak zu erahnen. Bei dem in den offiziellen Notes beschrieben Hauch von Lakritz streiken unsere Tasternasen allerdings. Auch Zimt und die beschriebenen Zitrusnoten kommen bei uns nicht so durch.

Im Geschmack stellt er sich etwas bitter und pfeffrig mit Schokoladentouch dar. Mandarine aus den offiziellen Notes erahnen wir nur als wir Kenntnis von der Note erlangen. Die im Aroma beschriebene Lakritzschärfe kommt für uns eher beim Geschmack durch.

Der Nachklang, der als mittellang, weich, süß und fruchtig beschrieben wird, ist bei uns hinsichtlich der Fruchtigkeit nicht ganz nachvollziehbar. Nachdem wir ihn etwas haben stehen lassen und ihn noch einmal probierten, meinten einige von uns Apfelnoten wahrnehmen zu können.

Jura                     Seven Wood                            42 Vol. %

Mit dem dritten Destillat des Abends, dem Seven Wood von Jura von der gleichnamigen Insel, sind bereits alle Plätze auf dem Treppchen vergeben und wir verkosten den Zweitplatzierten.

Auf der 55km langen und 11km breiten Insel leben nur etwa 300 Menschen, aber sehr viele Hirsche, etwa 13 mal mehr. Schwarzbrenner gab es bereits im Jahr 1600 auf der Insel. Die heutige Destillerie ist namentlich allerdings erst seit 1810 bekannt, ehe im Jahre 1831 eine Lizenz erworben wurde. Damals war man allerdings deutlich torfiger unterwegs.

Heute nutzt man 2 Wash- sowie 2 Spirit Stills für die Produktion des Jahresvolumen von 2,25 Mio Liter. Dabei handelt es sich um den 3. meistverkauften Whisky in Großbritannien. Elf Monate im Jahr stellt Jura ungetorften Whisky her. Über eine Mälzerei verfügt man auf der Insel nicht. Die leichte Torfnote, die wir auch im 7 Wood vernehmen, dürfte durch das Wasser kommen, das auf dem Weg zum Meer Bestandteile von Torfschichten aufnimmt.

Wie der Name andeutet, lagerte der Seven Wood in 7 unterschiedlichen Fasstypen, einmal First Fill amerikanische Weißeiche sowie 6 weiteren französischen Stileichen (Limousin, Troncais, Allier, Vosges, Jupilles, Les Bertranges).

Als Aromen des 7 Wood beschreiben wir leichten Rauch, der schnell verschwindet. Darüber hinaus wurden süße Vanille, Kirsche, Marshmallow aber auch Heu und Rosine genannt. In den offiziellen Notes spricht man dagegen eher von Kaffee, Ingwer, Zimt, Muskatnuss, Birne, schwarzer Pfeffer, cremiger Schokolade, fruchtigen Rosinennoten sowie Himbeermarmelade.

Geschmacklich wirkt er intensiv und würzig mit Honigsüße sowie Ingwer- und Lakritzschärfe. Auch hier entwickelt sich beim zweiten Testen nach einiger Zeit ein weiteres Aroma, das jemand von uns mit geröstetem Bacon umschreibt.

Im Nachklang können wir die mittlere Länge sowie die Salznote bestätigen und auch den leichten Torfrauch. After Eight bleibt uns jedoch verborgen. Wir hören jedoch Pattex als weitere Komponente bei unseren Verkostern sowie eine weiche Öligkeit mit Honigwürze.

Tomatin                Cù Bòcan Creation #1               46 Vol. %

Nach der Nachtischpause bekommen wir den Cù Bòcan Creation #1 der Tomatin-Destillerie zur Verkostung.

Die Destillerie befindet sich im Tal des River Findhorn und wurde im Jahre 1897 gebaut. Der Name Tomatin bedeutet übersetzt „Hügel der Wachholderbüsche“. Auch in dieser Gegend war die Schwarzbrennerei seit dem 16. Jahrhundert sehr verbreitet.

Ab Mitte der 1950er Jahre stieg die Nachfrage nach Tomatin-Whiskys so stark an, dass man in mehreren Ausbauschritten die Kapazität zunächst auf 11 Stills im Jahre 1964 erweiterte, um dann im selben Jahr noch weitere 12 Brennblasen hinzuzunehmen und plötzlich mit 23 Brennblasen Schottlands größte Destillerie mit einem Jahresausstoß von 12 Mio Liter darstellte. Diese Dimension war nicht mehr handhabbar, die Destillerie ging in Konkurs und musste 1966 stillgelegt werden.

Seit späteren Verkäufen an japanische Unternehmen konzentriert man nur noch auf Single-Malt-Herstellung und liefert nichts mehr für Blends. Seit 2004 produziert Tomatin auch rauchige Whiskys allerdings mit nur 5 % der Gesamtmenge von jährlich 5 Mio. Litern. Die Fässer werden in einer eigenen Küferei vorbereitet und in der Produktion arbeitet man mit einer langen Fermentationsdauer.

Der Whisky-Name Cù Bòcan ist gälisch und steht für „Geisterhund“. Man sagt, die Bewohner der Gegend um Tomatin wurden von einem Geisterhund heimgesucht, der sich in blauen Rauch auflöste und sich über den Mooren der Highlands verzog. In verschiedenen Varianten ist er zu bekommen, jeweils unterschiedlichen Fasskombinationen gereift.

Unser Whisky Nr. 4 ist der Cù Bòcan als Creation #1 und reifte in Black Isle Brewery Imperial Stout- und in Moscatel de Setubal-Weinfässern des portugiesischen Weinguts Bacalhôa. Es handelt sich um eine kreative Mischung aus besten Wein- und Bierkompositionen, die für süß und butterig mit einem Hauch von Orangenmarmelade stehen.

Unsere Nasen nehmen fruchtige und blumige Noten und Pfeffer wahr. Ein Taster spricht erneut von Pattexnoten. Offiziell wird er als süß und buttrig mit Orangenmarmelade und Espresso beschrieben.

Geschmacklich haben wir Rosinen und Ingwerschärfe auf der Zunge. Da wir von der Reifung in Bierfässern wissen, meinen wir Biernoten zu schmecken sowie Cognacnoten. Offiziell spricht man von wachs- und sirupartigem Geschmack nach Kräutern, Tabak, Kaffee, Leder, Orangenmarmelade, getrocknete Früchte, weiche Butter.

Der im mittellangen Nachklang enthalten sein sollende Blaubeermuffin erschließt sich uns nicht.

Glen Scotia          Vintage 2008/2019                   46 Vol. %

Mit dem Vintage 2008/2019 wurde uns ein 11-jähriger Whisky von Glen Scotia aus der Region Campbeltown eingeschenkt. Zu Hochzeiten dieser Whiskyregion gab es hier 34 Destillerien, wovon heute nur noch drei übriggeblieben sind.

Glen Scotia wurde im Jahre 1832 von der ortsansässigen Familie Galbraith gegründet. Nach etlichen Misserfolgen und Pleiten wird bei Glen Scotia erst seit dem Jahr 2002 wieder regelmäßig produziert. Zwischendurch halfen Mitarbeiter der nahen gelegenen Sprinkbank-Destillerie aus, um die Produktion wenigstens teilweise aufrechtzuerhalten. Das Produktionsvolumen von 750.000 Litern wird durch jeweils eine Wash- und eine Spirit Still erreicht.

Der Vintage 2008/2019 reifte im Ruby Port Cask und ist limitiert auf 1.800 Flaschen.

Zunächst riechen wir Honig und Marzipan und man meint Banane auszumachen. Hinzu kommen offizielle Notes von leichtem Torfrauch mit roten Beeren.

Im Mund regt dieser Whisky auf jeden Fall den Speichelfluss an und er bring einen schön eingebetteten Rauch mit. Ansonsten sollen Pfirsichsirup und Vanille mit von der Partie sein.

Den Nachklang beschreiben wir als mittellang aber irgendwie wiederkehrend mit einer scharfen Ingwerkomponente.

Bruichladdich        The Laddie 8yo                        50 Vol. %

Aus der Bruichladdich-Destillerie kommt unser letzter Whisky des Abends, der 8-jährige The Laddie von der Insel Islay. Bruichladdich, gesprochen „Bruk-läddie“, ist gälisch und heißt übersetzt „Uferböschung“.

Erbaut wurde die Destillerie im Jahre 1881 von Barnett Harvey für seine 3 Söhne. Im Laufe der Zeit gab es sehr viele Besitzerwechsel. Das Herstellungsvolumen wurde nur 1975 erweitert, als zwei neue Brennblasen installiert wurden. 1995 wurde Bruichladdich stillgelegt. Dies schien zunächst das endgültige Ende der Destillerie zu sein, ehe Bruichladdich im Dezember 2000 von Mark Reynier gekauft wurde. Im Mai 2001 startete die Whisky-Herstellung wieder.

Der Whisky wird vorzugsweise in Ex-Bourbon-Fässern gelagert. Allerdings kann man hin und wieder auch andere Fässer aus Frankreich und Italien sowie Portfässer entdecken. Produziert werden 1,5 Mio Liter im Jahr mit 2 Wash- und 2 Spirit Stills.

Es findet eher keine lange Reifung im Fass statt, der Geschmack kommt besonders durch das ausgesuchte Getreide und die lange Fermentationsdauer von 70 bis 105 Stunden.

Beim Laddie 8 yo handelt es sich um eine unpeated Variante, gereift in Ex-Bourbon & europäischer Weißeiche.

Beim Aroma nennen unsere Taster Himbeerbonbons, reife gelbe Früchte sowie Karamell und süßer Honig, was auch offiziell genannt wird. Dazu sollen noch frische Früchte wie Pfirsich und Birnen kommen mit leicht floralen Noten.

Beim Geschmack sind wir der Meinung, er schmeckt noch besser als er riecht. Wir vernehmen eine Tabak- und eine Jodnote sowie eine Spur Schärfe. Hinsichtlich der Süße nennt man bei uns Gebäck und getrocknete Aprikosen. Er ist für seine 50 Vol. % auf jeden Fall sehr sanft und angenehm.

Das Finish erleben wir eher lang mit pfeffriger Note. Eine Süße erschließt sich uns dagegen nicht so sehr.