Im April nehmen mal wieder ganze 18 Verkoster an unserem virtuellen Tisch Platz und wollen sich über neue Perlen der Highlands und der Speyside austauschen. Wir hatten zwar gehofft, dass man sich schon wieder richtig treffen kann, doch wie es aussieht, machen wir auch das erste Tasting im Mai noch virtuell. Am 7. Mai werden wir eine Online-Blindverkostung durchführen.
Für den heutigen Abend kommen 6 Destillate aus den beiden Regionen Highlands und Speyside in unsere Gläser und zwischendurch unterhalten wir uns wieder über spannende Themen der Whiskyherstellung. Wie immer sind die Themen genau auf die ausgesuchten Destillate abgestimmt.
Besonders stolz sind wir, dass wir den Abend mit unseren Whisky-Tastern mit dem allerersten Whisky Batch der brandneuen und nachhaltigen Nc’Nean Destillerie beginnen dürfen. Nc’Nean Organic Batch 1 ist im Internet super gefragt und hochgelobt, aktuell arbeitet man allerdings schon an Batch 5 und das Batch 1 ist äußerst schwer zu bekommen. Wir sind gespannt, wie wir diesen hochgelobten Tropfen einschätzen werden. Wir haben damit nicht nur eine neue Perle im Glas, sondern verkosten auch zum ersten Mal diese neue Destillerie.
Aber auch sonst haben wir wie immer tolle Destillate zum Probieren ausgesucht. Alle bis auf den letzten Whisky erfüllen dabei das Motto des Abends „Neue Perlen“. Der Benromach 100° Proof ist dagegen schon länger erhältlich.
Mit dem vorletzten Whisky – dem 12-jährigen Lum Reek peated – haben wir auch einen Blend mit dabei. Dieser Whisky von MacNair’s aus dem Hause GlenAllachie wurde uns wieder einmal von keinem geringeren als dem Eigentümer und Master Distiller Billy Walker selbst erklärt. Diese Informationen haben wir natürlich wieder gerne mit unseren Whisky-Tastern geteilt.
Der zweite Whisky kommt von einer ebenfalls noch nicht lang wieder produzierenden Destillerie Wolfburn, ganz aus dem Norden der Highlands. Nach ihrer Schließung um 1860 wurde sie erst 2011 durch eine Idee wiederbelebt. Produziert wird hier seit 2013.
Mit Craigellachie und Mortlach haben wir dann noch zwei alteingesessene Destillerien der Speyside mit auf dem Tischset. Wobei der Whisky aus der Craigellachie Destillerie durch den unabhängigen Abfüller Hunter Laing auf den Markt kam.
Folgende neue Perlen der Highlands und der Speyside bekommen wir heute ins Glas:
Der Nc’Nean Organic Batch 1 hat nicht zu viel versprochen. Mit dem Startwhisky hatten wir gleich den Zweitplatzierten des heutigen Abends im Glas. Der Tagessieger wurde als dritter Whisky mit dem 12-jährigen Graigellachie von Hunter Laing eingeschenkt.
Direkt nach der Pause bekamen wir den drittplatzierten 15-jährigen Mortlach aus der Game of Thrones Serie zum Probieren.
Die Tatsache, dass die verbleibenden 3 Whiskys alle punktemäßig sehr dicht beieinander liegen, zeigt die hohe Qualitätsdichte der ausgesuchten Sorten.
Nachstehend beschreiben wir die einzelnen verkosteten Whiskys:
Nc’Nean Organic Batch 1 46 Vol. % ❷
Die noch junge Nc’Nean Destillerie aus den westlichen Highlands liegt auf der gegenüberliegenden Seite der Tobermory / Ledaig Destillerie, die sich schon auf der Isle of Mull befinden. Annabel Thomas hat sich hier mit ihrem Team einen Traum von einer „sustainable Distillery“ erfüllt. Jede Energie, die benötigt wird, wird aus erneuerbaren Energien erzeugt und auch weiterverwendet und nicht verschwendet. Auch benötigte Materialien bezieht aus der näheren Umgebung. Die Gerste als Whiskyrohstoff bezieht Nc’Nean von 10 ausgesuchten Biobauern von der Ostküste bzw. dem nordöstlichen Teil Schottlands. Dabei stellen wir uns heute die Frage, ob sich das auf den Geschmack auswirkt, und bringen unser Whiskywissen in zwei ausführlichen Abschnitten über Getreide & Terroir auf den neusten Stand.
Das heute verkostete und äußerst schwer zu erhaltende Batch 1 des Organic von Nc’Nean hat 3 Jahre in Ex-Bourbon- und Rotwein-STR- (scraped, toasted and recharred) Casks gereift. Hierbei werden die Weinfässer vor der Befüllung mit Whisky umfangreich aufgearbeitet. Die Lagerung in STR-Fässern soll den Whisky schneller reifen lassen und beim Nc’Nean Single Malt bereits nach drei Jahren für eine runde Mischung aus Eichenholz- und Weinaromen sorgen. Vom Batch 1 gibt es leider nur 5.000 Flaschen.
Wie riechen Frucht, die wir durch Mandarine und Ananas sowie Papaya und Apfel näher beschreiben können. Auch Banane beziehungsweise helle gelbe Früchte werden von einigen von unseren Verkostern genannt. Getreide- und Kräuternoten sowie ein wenig Holzigkeit meint der ein oder andere im Aroma entdeckt zu haben.
Offiziell wird er als fruchtig und würzig beschrieben mit Duft nach Zitrusfrüchten, Pfirsich und feinen Gewürznoten.
Beim Geschmack sind wir uns als allererstes einig, dass dieser mit 3 Jahren doch recht junge Whisky einen sehr beeindruckenden Geschmack mitbringt. Er ist definitiv noch würziger als im Nosing, bringt eine gewisse Bitterkeit mit, ist aber für seine 3 Jahre absolut wenig sprittig. Er hat eine Pfeffer- beziehungsweise Ingwerschärfe und wir beschreiben ihn als mundfüllend. Die Eichennoten kommen ebenfalls durch. Für junge 3 Jahre ist er wirklich sehr aussagekräftig.
Aus der Destillerie wird der Geschmack als vollmundig, süß und würzig beschrieben mit fruchtigen Getreidenoten, etwas Salz und Toffee.
Den Nachklang beschreiben wir als mittel oder kurz bis mittellang und er hat eine Atmungstiefe und geht schön bis in den Bauch. Er wird als angenehm fruchtig mit einer feinen Eichennote beschrieben.
Dass uns dieses junge Destillat der nachhaltigen Destillerie auch nachhaltig im Gedächtnis bleiben wird, zeigen wir durch die Wahl des Whiskys als zweitbesten Whisky dieser Verkostung.
Wolfburn Aurora 46 Vol. %
Wolfburn ist eine ebenfalls noch recht junge Destillerie, in der wie eingangs erwähnt erst seit 2013 wieder produziert wird. Die ursprünglich schon 1821 in Thurso in den nördlichen Highlands gegründete Destillerie hat zuvor lediglich bis 1860 Whisky produziert. Seitdem verfielen die Gebäude nach und nach. Nach der Idee 2011 in Thurso wieder Whisky zu produzieren, folgte der Bau und nach der Fertigstellung startete die Produktion im Januar 2013.
So wie die Destillerie ist auch unser zweiter Whisky des heutigen Abends noch recht jung und kommt ohne Altersangabe. 80 % des Aurora reiften Ex-Bourbon-Casks und die restlichen 20 % in Oloroso Sherryfässern.
Vom Aroma her entdecken wir Tabaknoten und wie beim Vorgänger Whisky ist auch hier wieder Banane mit dem Spiel. Darüber hinaus riechen wir Orangen und Zitrusfrüchte. Er ist insgesamt recht fruchtig. Zusätzlich vernehmen wir Sherry- und Kirschnoten, dunkle Schokolade, ein bisschen spritzige, dynamische Limette und vereinzelnd wird ein Vergleich mit Rumnoten gezogen.
Wolfburn selbst beschreibt ihn mit Dörrobst, Rosinen und Datteln mit warmen Malznoten.
Geschmacklich kommt ganz eindeutig dunkle Schokolade durch und das gefällt uns richtig gut. Der Aurora ist ein wenig sprittiger als sein Vorgänger. Wir schmecken außerdem Nüsse, die wir mit Macadamia noch näher beschreiben können und er hinterlässt eine Fruchtigkeit.
Aus der Destillerie kommt die Geschmacksbeschreibung mit seidigen Vanillearomen und wärmenden Sherrynoten, reife Zwetschgen, milde Mandeln und würzige Haselnüsse. Zusammen mit leichten Nelkennoten ist ein rundes Geschmackserlebnis.
Den Nachklang beschreiben wir als mittellang. Er ist wärmend und etwas adstringierend.
Craigellachie by HL 12 yo 50 Vol. % ❶
Der unabhängige Abfüller Hunter Laing aus Glasgow, 2013 gegründet, bringt uns mit dem 12-jährigen Craigellachie den 3. Whisky des Abends, aber vor allem den heutigen Tagessieger ins Glas.
Die Craigellachie Destillerie selbst datiert aus dem Jahr 1891 und ist in der Speyside beheimatet. Während der Malt von Craigellachie früher fast vollständig für die Blended Whiskys der Sorte „White Horse“ gebraucht wurde, geht er heute unter dem aktuellen Besitzer Bacardi hauptsächlich in die Blends von Dewar.
Die heute verkostete Abfüllung gehört zur Old Malt Cask Serie. Sie reifte im Sherry Butt (#HL 16795) und es gibt 565 Flaschen davon.
Das Aroma unseres heutigen Tagessiegers ist auf jeden Fall fruchtig. Wir riechen Beeren, die wir mit Himbeeren und Erdbeeren beschreiben können. Zusätzlich werden uns Birne und Apfelsaft sowie eine gewisse Ähnlichkeit zum Cider zugerufen. Haselnuss entdecken wir ebenfalls.
Der Abfüller beschreibt das Aroma zunächst süß und fruchtig mit Aromen von Honig, Kirschen, getrockneten Aprikosen sowie exotischen Früchten. Dann folgen Gerste, Vanille und ein Hauch Mandeln.
Geschmacklich hat unser Tagessieger reichlich Honig mit im Gepäck. Er hat eine schöne Kombination aus Süße und Schärfe und wirkt auf der Zunge fast ein bisschen prickelnd. Er hat eine angenehme Bitterkeit und als wir von den offiziellen Tasting Notes von der Kirsche erfahren, können wir diese auch bestätigen. Darüber hinaus vernehmen wir eine Heidekrautnote.
Auch am Gaumen ist der Malt wie erwartet sehr fruchtig. Mit Schokolade umhüllte Kirschen, Karamell, mehr Vanille sowie einem Hauch von Süßholz verleihen ihm eine besondere Note, so beschreibt ihn Hunter Laing.
Der Nachklang wird dafür, dass es sich um den Tagessiegerwhisky handelt, eher als kurz beschrieben werden. Er ist zunächst etwas scharf, wird aber dann wieder milder, etwas Chili, kurz und intensiv. Er klingt langsam aus. Die süßen Noten werden hier von Vanille, Toffee und Nougat begleitet.
Mortlach GoT Six Kingdoms 15 yo 46 Vol. % ❸
Zusammen mit dem Tagessieger hat der drittplatzierte Whisky der Mortlach Destillerie den Aspekt der Worm Tubs gemeinsam, die wir uns auch im Bereich Whiskywissen noch einmal genauer ansehen.
Der teuerste Whisky aus der Game of Thrones Serie reifte 15 Jahre in Sherryfässern und bekam sein Finish in Ex-Bourbon-Fässern.
Sein Aroma assoziieren wir als allererstes mit rotem Apfel oder Liebesapfel. Darüber hinaus riechen wir frisch gemähtes Gras und Heu. Er ist insgesamt sehr sommerlich und hat Vanille- und Karamellnoten. Zusätzlich beschreiben wir ihn mit Cranberry und Granatapfel. Auch die Destillerie weiß anfangs von rotem Apfel mit einer würzigen Note von Eiche, gefolgt von einem Hauch Cranberry zu berichten.
Auch im Geschmack zeigt er sich sommerlich. Er schmeckt wie frisch gemähtes Gras riecht und kombiniert dunklen Honig mit Zimt und Kräutern.
Mortlach selbst beschreibt den Geschmack als subtil süß mit Früchten und einem Hauch von Zimt und Eiche, begleitet von Vanille und etwas Schärfe mit dunkler Schokolade.
Wir Whisky-Taster empfinden den Nachklang als eher mittellang. Er hat eine ziemliche Schärfe im Finish. Zusätzlich entfaltet er eine leichte Tabaknote, die zigarrenmäßig wirkt. Offiziell heißt es mittellang mit Eichennoten.
MacNair‘s Lum Reek peated 12 yo 46 Vol. %
MacNair’s ist das Label, dass Billy Walker mit seinen Geschäftspartnern beim Erwerb der GlenAllachie Destillerie mit erwarb. Wie schon damals bei unserem GlenAllachie Destillerie-Tasting, als Billy Walker uns ein persönliches Video schickte, war er auch diesmal wieder hilfreich und hat uns über Facebook einige interessante Informationen über den 12-jährigen Lum Reek Blend geschickt, die wir unserer Whisky-Community gerne weitergaben.
„MacNair‘s 12 Jahre alter Lum Reek wurde so kreiert, dass er die Torfcharakteristiken sowohl der getorften Islay Malts als auch einiger interessanter getorfter Highland Malts einfängt, überlagert mit Glenallachie und einer faszinierenden Mischung anderer Highland und Speyside Malts. So haben wir die Eigenschaften der Highlands und der Speyside (Heidehonig, Vanille, Mokka, Zimt, Ingwer und Orangenschale) in Harmonie und im Gleichgewicht mit der Torfpräsenz.“ à Billy Walker, Master Distiller GlenAllachie
Der Lum Reek 12 Jahre, dessen älterer Bruder als 21-jähriger zum besten Blend der Welt gekürt wurde, reifte in Ex-Bourbon-Fässern und bekam ein dreifaches Finish in Sherry, PX- sowie Weinfässern.
Der Lum Reek Blend vereint einen schönen Rauch mit leichtem Holz-Touch eingebettet in Schokolade und Orangennoten. Aus dem Umfeld von Billy Walker beschreibt man ihn als würzig und rauchig. Angesengtes Heidekraut mit erdigem Torfrauch, getrockneten Kräutern, etwas Weihrauch und jeder Menge süßen Karamellnoten als Kontrast. Abgerundet wird das Bild von Zimt, Sternanis und Vanille. Auch am Gaumen überzeugt der Whisky durch seine Ausgewogenheit.
Geschmacklich können wir hinzufügen, dass es sich um einen echt rauchlastigen Whisky mit einer sehr schönen Toffee Note handelt. Wir schmecken herbe Kräuter und dunklen Honig sowie dunkle Schokolade, die von einer Bitterkeit begleitet wird. Darüber hinaus schmeckt er schön nussig.
Den Nachgang beschreiben wir als voll und mittellang. Er ist vollmundig, hat eine Eichenbitterkeit und bringt auch weiterhin Nuss mit. Die Destillerie beschreibt ihn als mittellang und rauchig mit einer leichten Aschenote.
Benromach 100° Proof – 10 yo 57 Vol. %
Der Abschlusswhisky für heute Abend kommt alkoholstark mit 57 Vol.%, also 100° Proof, ins Glas und wurde in Bourbon- und Sherryfässern gelagert.
Die Benromach Destillerie, die 1898 gegründet wurde, gehört mittlerweile dem unabhängigen Abfüller Gordon & MacPhail. Dieser übernahm die Destillerie als diese 100 Jahre wurde. Die ganze Produktion wird als Single Malt verkauft. Der große Erfolg von Benromach machte den Bau von neuen Lagerhäusern erforderlich. Im August 2014 wurden deshalb zwei kleine Lagerhäuser neu in Betrieb genommen.
Das Aroma unseres letzten Whiskys des heutigen Tages beschreiben wir mit Apfel und Birne. Als weiteres Obst können wir Marille nennen und insgesamt erinnert er an dunkle Früchte. Er hat eine ganz leichte Schokoladennote. Offiziell spricht man von Apfelbrei & Birnenkompott mit leichten Torfaromen, Vanillekipferl und Sherryaromen.
Geschmacklich erinnert er zunächst ganz entfernt an etwas wie brennende Autoreifen und bewirkt aufgrund seiner Alkoholstärke bei ein bis zwei Verkostern ein kurzes Husten. Ansonsten schmecken wir leckere Apfelnoten und eine schöne angenehme Chilischärfe. Wir kommentieren ihn mit „jetzt wird‘s warm“.
Benromach entdeckt im Aroma die Vielfalt von roten Früchten, leichten frisch gemahlenen Pfeffer, leicht rauchige Noten gepaart mit Vollmilchschokolade.
Den Nachklang beschreiben wir als eher mittellang. Es bleibt eine schöne Fruchtigkeit zurück, wenn der Whisky schon unsere Kehle heruntergelaufen ist. Offiziell heißt es dagegen langanhaltender weicher Rauch und sanfte, aber komplexe Fruchtaromen.
Das Endergebnis der heutigen Abstimmung zeigt, wie großartig die Auswahl der Destillate wieder war. Natürlich muss es am Ende wieder drei Whiskys geben, die mehr Punkte erhalten haben als die anderen, jedoch liegen alle Whiskys, die es nicht auf unser Treppchen geschafft so dicht beieinander, dass man von einem wirklich herausragenden Line-Up sprechen kann, dass unsere Whisky-Taster voll und ganz überzeugt hat.
Besonders hervorzuheben ist dabei tatsächlich der Nc’Nean Organic Batch 1, der trotz seiner kurzen 3-jährigen Reifung ein klasse Tropfen für uns darstellte.